Ein Malraum im Wald
Mitten im Wald, der auf seine Besucher wirkt, in dem sich die Geräuschkulissen der Stadt in Vogelgezwitscher und Blätterrauschen verwandeln, soll zwischen Bäumen und Wiesen ein Raum entstehen, der Hülle sein möchte für seine Besucher. Der Malraum Wuhlheide. Spuren werden hier gelegt, es sind die Eigenen.
Der Malraum Wuhlheide befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Kinder-, Jugend- und Familienzentrums FEZ-Berlin. Er liegt ein wenig abseits der Zugangsstraße zum FEZ und so stimmt der zu beschreitende Waldweg ein auf den Prozess während der Mal(spiel)stunde. Dieser Weg, der sich im Jahreskreislauf verändert, führt die Malkinder jeden Alters zu einem Raum, in dem sich Menschen im friedlichen Nebeneinander ihrem spontanen Tun hingeben. Und so profitiert ein Jeder vom Malspiel, denn hier wird nicht produziert um zu präsentieren, hier wartet keine Bewertung. Wie heilsam das ist, bestätigen Menschen die das Malspiel für sich entdeckt haben, als eine Freude, immer wieder auf`s Neue bereichernd und beglückend, auf dem Blatt wie in der Seele. Hier werden spontanen Äußerungen als Spuren des Selbst Raum gegeben.
Die Methode
Ein Hin und Her zwischen dem an der Wand befestigten Blatt Papier, Raum des Individuellen, und dem Palettentisch mit seinen 18 Farben, Wasser und Pinseln als Raum des Gemeinsamen, bildet die Grundlage des Malspiels. Wie jedem Spiel ist auch dem Spiel mit den Farben die Freude am momentanen Ausdruck innewohnend. Darüber hinaus entwickelt das Malspiel Fähigkeiten, die sich zeitlebens förderlich auf die Entfaltung und Stärkung der Persönlichkeit auswirken. So macht das Versunken-Sein im spontanen Tun Konzentration erlebbar, so stärkt das Nicht-Beurteiltwerden der Bilder die Achtung vor sich selbst, so fördert der respektvolle Umgang miteinander soziale Kompetenzen und so schafft die regelmäßig wiederkehrende Situation Vertrauen und ermöglicht Hingabe in den eigenen Ausdruck.
Der Beobachter erkennt, dass Freiheit im Ausdruck hier keinesfalls gleichzusetzen ist mit einer Zügellosigkeit im Tun, denn es wird großen Wert auf die achtsame Handhabung des Materials gelegt und so schützt der Malraum auch vor den Konsumeinstellungen der Weg-werf-Gesellschaft. Ebenso bedeutet das Nicht-Deuten/Nicht-Beurteilen der Bilder kein Desinteresse, denn Ziel einer Betrachtung ist weder die hinterlassene Spur noch die Motivation, die zu dieser Spur veranlasste. Ziel des Interesses gilt einzig der Art und Weise des Geschehens. Ermöglicht werden kann dieser Prozess durch die folgenden Bedingungen, die allen Malräumen zu Grunde liegen:
- ein vor Druck und Beeinflussung schützender Raum
- die Gegenwart anderer; nicht als Zuschauer, sondern als Spielgefährten deren zustimmende Einstellung bewirkt, dass die Spur der Farben zur Normalität wird
- die Gegenwart des Malraumdienenen
In einem Malraum gehört die Formulation zum Wesentlichen. Sie kann als Entwicklung zeichnerischer Grundgebilde verstanden werden und unterscheidet sich von der Kunst, denn sie entsteht unbewusst, beabsichtigt weder Ästhetik noch will sie eine Botschaft übermitteln. Die Formulation wurzelt in der „organischen Erinnerungswelt“, einem Bereich, dem sich die Embryologie- und Neurologieforschung neueren Datums zunehmend widmet und die in Fachkreisen als ‚Gedächtnis des Körpers’ bezeichnet wird. Essentiell ist es, die Malspielenden von den beigebrachten Bewertungen und den, sich daran orientierenden Beispielen zu befreien. Sie befreien sich eigenverantwortlich und tun gut daran, denn ein im Malspiel gewachsenes Selbst findet Möglichkeiten den Herausforderungen des Lebens zu begegnen… und wie nebenbei entwickelt sich ein Können, ein bewusstes Wahrnehmen der eigenen, ungeahnten Fähigkeiten.
Der Malraumdienende – „Die Rolle des Dienenden“
Kenntnisse der Formulation sind das Handwerkszeug des Malraumdienenden, doch unerlässlich ist die Fähigkeit sich in die Malspielenden hineinzuversetzen. Dieses wahrnehmende Beobachten, geprägt von Empathie und Intuition, wie auch die vorbereitete Umgebung des Malraumes, macht die dienende Rolle aus.
Es gilt, das Spiel für die Malenden so leicht wie möglich zu gestalten. Stört der Reißnagel oder ein herabgelaufener Farbtropfen, gilt es ein weiteres Blatt anzuheften um das Bild wachsen zu lassen oder die Pinsel zu säubern und die Farben zu mischen? Durch diese Fragen begreift der Malraumdienende seine Aufgabe, mit dem übergeordneten Anliegen jegliche Ablenkung zu vermeiden um die spontane Äußerung zu fördern. Diese Tätigkeit erfordert eine Hingabe an die Menschen und ihren Prozess während der Malspielstunde und wird wohl aus diesem Grund als die dienende Rolle bezeichnet.
Die Geborgenheit des Raumes und das stille Tun des Dienenden ermöglichen den eigenen, spontanen und spielerischen Ausdruck der Malraumbesucher. In der Konstellation der Malgruppe sind Alters- und Geschlechtsheterogenität, Vielseitigkeit in jeglicher Art und Weise erwünscht um ein gegenseitiges Vergleichen zu vermeiden und Konkurrenzdenken zu verhindern. Des Weiteren ist es von Nöten jedes vollendete Bild mit Namen und Datum zu versehen und es vor Begutachtung und Bewertung geschützt aufzubewahren. Die entstandenen Bilder verbleiben im Malraum.
Vom Spiel lernen
Alle Dinge senden Appelle aus, für Kinder und Erwachsene gleichsam wahrnehmbar. So kann unsere Umwelt auf den menschlichen Geist einen positiv besetzten Aufforderungscharakter ausüben, oder auch als Zwang bzw. negativ geprägtes Gefordert-sein verstanden werden. „Locken oder Schrecken“, wahrgenommen als eine freudvolle Möglichkeit zur Handlung oder als eine angstvolle Beschränkung der Handlungsmöglichkeiten. Die Räume und Dinge um uns herum können so unsere Eigentätigkeit wecken oder eben auch nicht. Das Lernen im Malraum vollzieht sich weder in behavioristischen Bahnen noch auf radikal-konstruktivistischen Wegen, es ist weder ein Lernen, das die innere Welt des Subjektes ausklammert, noch ein Verstehen, für das die Umwelt irrelevant ist. Vielmehr führt der Raum den Besucher zu seinen inneren Bildern.
Die Ausstattung mit 18 gut pigmentierten, strahlenden Guachefarben, die handgefertigten Fee-Haarpinsel, geeignet um viel Farbe aufzunehmen und differenzierte Bilder entstehen zu lassen, das Umsorgtwerden durch den Malraumdienenden – all diese Rahmenbedingungen sorgen dafür, dass sich innerhalb des Malraumes der Einzelne ganz dem Eigenen widmen kann. Es liegt großer Wert auf der Verbindung zwischen den Worten ‚Mal’ und ‚Spiel’. Was ist es jedoch, dass das Spiel kennzeichnet und worin liegt der Lernwert dieses Spiels begründet? Das Spiel ist ein fundamentales Lebenssystem des Menschen, es hat eine unmittelbare Relevanz für das positive Erleben und für erfolgreiches Handeln. Während des Spiels sorgen interne psychische Regulationen und Steuerungen für den Aufbau positiver Emotionen wie Freude und Glücksgefühl, diese (neue) psychische Organisation des Lebens kann dauerhaft aufrechterhalten werden und trägt somit Bedeutsamkeit, lebenslang… Die neurowissenschaftliche Forschung neueren Datums versucht diese Gesetzmäßigkeit auch in die Bereiche der Bildungslandschaften zu transportieren, so werden die optimalen Bedingungen für angstfreies und damit nachhaltiges Lernen in wenigen Stichpunkten zusammengefasst:
- Lernen ist ein aktiver Prozess der Entfaltung individueller Potenziale. Kinder und Jugendliche brauchen dazu eigene, vor allem auch eigenverantwortliche Gestaltungsmöglichkeiten
- Lernprozesse gelingen umso besser, je stärker sie in der subjektiven Bewertung mit positiven Gefühlen besetzt und damit verkoppelt werden
- Damit Erziehungs- und Bildungsprozesse gelingen können, müssen sie in einem, die Lernprozesse begünstigendem „Betriebsklima“ erfolgen
Für den Malraum bedeutet dies, dass sich der angstfreie, interessierte Geist sowohl künstlerische Stilrichtungen und Perspektivtheorien, wie auch Formenlehre und Farbharmonie in kürzester Zeit aneignen kann. Als unerlässliche Grundlage jedoch, lässt sich die Freude am Ausdruck nicht im Nachhinein entwickeln, fehlt sie, so fehlt dem Menschen ein sinnliches Wahrnehmungsfeld, dass Freude an und Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten schenkt.
Adresse
Malraum Wuhlheide
An der Wuhlheide 173
12459 Berlin
Termine
Montag 12:30 / 13:30 / 14:30 Uhr
Dienstag 15:00 Uhr
Mittwoch 13:00 Uhr
Donnerstag 10:00 Uhr / 11:00 Uhr
Kosten
Monatliche Kosten für eine wöchentliche Teilnahme: 50,- Euro
Unverbindliche Anmeldung zum Malraum
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